Neu in der Dauerausstellung unseres Stadtmuseums

Gütersloh macht Druck

Diese kleine, unscheinbare Maschine stand lange Zeit unbeachtet in unserem Magazin. Jetzt haben wir sie hervorgeholt, geputzt und im Backsteinhaus in unsere Dauerausstellung eingebaut, wo sie über die Industriegeschichte der Stadt Auskunft gibt.

Der "einarmige Bandit" - ein etwa hundert Jahre alter "Boston-Tiegel" - erinnert an das frühe Verlags- und Druckereiwesen in unserer Stadt. Die von Hand zu betreibende universelle Druckmaschine wurde über Jahrzehnte hinweg vorwiegend zum Akzidenzdruck benutzt. Sie konnte für Falzungen, Prägungen und auch Perforierungen umgerüstet werden. Sowohl Bertelsmann, aber auch Druckhäuser wie Flöttmann, Vormbäumen & Co., Schmäling & Ohlbrock oder Eickholt & Kleßmann werden auf diesem oder einem ähnlichen Gerät Briefbögen, Rechnungsformulare, Etiketten und Werbeblätter für die damals aufblühenden Unternehmen gedruckt haben

Das Boston-System ist eines von mehreren Möglichkeiten, um mit Hilfe von ebenen Druckkörpern (Presskörper und Tiegel) Druckerzeugnisse herzustellen. Es wurde 1827/28 vom amerikanischen Erfinder Isaac Adams mit Unterstützung von Everett James Ellis entwickelt und "Adams Power Press", später Boston-Tiegelpresse oder Bostonpresse genannt. Handtiegelpressen wie die in unserer Ausstellung stellen bis heute die Mehrzahl aller jemals gebauten Druckpressen dar.

Arbeiten mit der Tiegelpresse - Selbst Hand anlegen

Unser Boston-Tiegel kann im Rahmen museumspädagogischer Projekte eingesetzt werden, etwa von Kindergeburtstagsfeiern oder beim Besuch einzelner Schulklassen. Informieren Sie sich bitte darüber in unserem Büro unter der Tel.-Nr. 05241 / 26685 oder per Mail über info-at-heimatverein-guetersloh.de.

Erinnerungen an bekannte und unbekannte Gütersloher

Das Lapidarium auf dem Johannes-Friedhof

Naturbelassen liegt ein Stückchen Land vor der Friedhofskapelle an der Herzebrocker Straße. Dort haben wir vor etwa zwanzig Jahren ein „Lapidarium“ angelegt. Auf einer als Bodendenkmal geschützten eiszeitlichen Düne entwickeln sich seitdem ungestört Birken, Eichen und Robinien zu einem kleinen Wäldchen. Versteckt im Unterholz finden sich besondere Steine, bearbeitet zur Erinnerung an bekannte und unbekannte Gütersloher. Auf unsere Initiative ist auf dem Johannes-Friedhof der evangelischen Kirchengemeinde ein kleines Freilichtmuseum mit lokalgeschichtlich oder künstlerisch bedeutsamen Grabsteinen entstanden.

Ihr ortsgeschichtliches Interesse kann darin begründet sein, dass das Grabmal an eine Persönlichkeit erinnert, deren Wirken in wirtschaftlicher, kultureller, künstlerischer, politischer oder gemeinnütziger Hinsicht für Gütersloh oder darüber hinaus von Bedeutung gewesen ist. Ein kunstgeschichtliches Interesse kann sich daraus ergeben, dass das Grabmal unabhängig von der Erinnerung an eine bestimmte Persönlichkeit besondere Ausprägungen der Form, Darstellung oder zeittypischer Merkmale aufweist und dadurch beispielhaft Entwicklungen und Veränderungen der Grabkultur widerspiegelt.

Altes Grabmal der Familie Barkey auf dem Lapidarium des Evangelischen Friedhofes

Zur Aufstellung sind seitdem Grabsteine, Grabplatten oder Teile davon gelangt, sofern sie durch Schrift oder bildliche Darstellung auf die Person hinweisen, zu deren Andenken das Grabmal errichtet wurde oder die künstlerische Gestaltung zu einer Aufstellung Anlass gibt. Die Sammlung ist noch unvollständig, soll erweitert werden. In den vergangenen Jahren sind zu diesem Zweck bereits Listen erstellt worden.

Sind sie an einer Mitarbeit bei diesem Projekt interessiert? Dann melden Sie sich per Mail unter info@heimatverein-guetersloh.de oder telefonisch in unserer Geschäftsstelle: 05241 / 26685.

Wir haben im letzten Winter umfangreiche Baumsanierungsarbeiten ausführen lassen, um die Verkehrssicherheit auf diesem Gelände zu gewährleisten.

Hier finden Sie ausgesuchte Beispiele aus der Dokumentation des Bildhauers und Steinmetzmeisters Wolfgang Schmitz, der im Jahr 2007 mehr als hundert ihm erhaltenswert erscheinende Objekte erfasst hat.

Neu in der Dauerausstellung unseres Stadtmuseums

Die verschollenen Altarfiguren aus der Apostelkirche

Jahrzehnte galten sie als verschollen oder zerstört. 2013 tauchten sie als Geschenk an die Evangelische Kirchengemeinde wieder auf: Reliefs einer Christus-, Matthäus- und Johannesfigur. Im Rahmen der Ausstellung "Freiheit und Frömmigkeit" (25.6. bis 10.9.2017 anlässlich des Reformationsjubiläums) konnten sie der Öffentlichkeit erstmals wieder gezeigt werden. Jetzt haben sie einen festen und endgültigen Platz in unserer Dauerausstellung im Obergeschoss des Fachwerkbaus gefunden.

Die Figuren stammen aus einem Nachlass des zwischen 1931 und 1956 in Gütersloh wirkenden Pfarrers Paul Gronemeyer, der sie aus dem Trümmerschutt der am Totensonntag 1944 zerstörten Apostelkirche geborgen und in seiner Pfarrwohnung aufbewahrt hatte. Die Gemeinde fand damals keine geeignete Aufbewahrungsmöglichkeit und auch keinen Ort für eine angemessene Präsentation. Der Historiker Eckhard Möller weist in seinem Aufsatz in den "Gütersloher Beiträgen zur Heimat und Landeskunde" (Nr. 86/2017)  - Gütersloher  Kirchengeschichte - nach, dass diese drei Holzskulpturen seit 1893 die Kanzel der Apostelkirche schmückten.

Damals, nachdem ihre simultane Nutzung durch die evangelische und katholische Kirchengemeinde beendet worden war, wurde der Innenraum unter der Leitung des Hannoveraner Architekten Eberhard Hillebrand (1840 - 1924), einem bedeutenden Kirchbaumeister dieser Zeit, umgebaut und neu gestaltet. Dabei griff der auf Wunsch des Kirchenvorstands weitgehend auf heimische Handwerker zurück. Bei der Ausführung skulpturaler Darstellungen an Kanzel und Altar vertraute Hillebrand allerdings Bildhauern aus Hannover, Louis Krack und Heinrich Schmeckpeper, sowie den Malern Karl Bedey und August Diehn bei der goldenen Einfassung.einzelner Hintergrundfelder.

Die Reliefs des segnenden Christus und des Evangelisten Matthäus sind recht gut erhalten. Die ursprüngliche dunkle Lackierung ist noch fast vollständig vorhanden. Allerdings fehlen bei der Christusfigur beide Arme, so dass weder die Segensgeste und die von der linken Hand gehaltene Weltkugel bei der Identifizierung herangezogen werden können. Allerdings verweisen die Sitz- und Kopfhaltung sowie die Gesichtszüge und die langen, offenen getragenen Haare auf Christus.

Dem Evangelisten Matthäus, auf dessen Schoß ein Buch liegt, das er mit der linken Hand hält, fehlen die Nase und die untere Beinplatte, auf der auch die ebenfalls verlorene Beifigur, der Engel, gestanden hat. Die nachdenklichen Gesichtszüge eines älteren Mannes sind jedoch für Matthäus ebenso typisch wie der lange Vollbart.


Am schlechtesten erhalten ist das Relief des Evangelisten Johannes, bei dem der Heiligenschein fehlt und ebenso die Lackierung vollständig und der Grundanstrich in weiten Teilen abgeplatzt sind. Auch im Gesicht weist das Relief starke Beschädigungen auf. Erkennbar allerdings ist die nur fragmentarisch erhaltene Beifigur des Adlers neben dem rechten Fuß des Evangelisten. Neben dieser verweisen auch die jugendlichen Gesichtszüge der Figur, die in der linken, übergroß dargestellen Hand ein Buch hält, auf den vierten Evangelisten.

Die ursprünglich ebenfalls zum Figurenprogramm gehörenden Evangelisten Markus und Lukas müssen leider nach wie vor als zerstört oder verschollen gelten.

Eckhard Möller,

Historiker und Archivar in Diensten der Stadt Harsewinkel und der Gemeinde Herzebrock-Clarholz, betreut ehrenamtlich auch das Archiv der evangelischen Kirchengemeinde Gütersloh. Diese Veröffentlichung erfolgt mit Genehmigung  des Verfassers.

Altarraum der Apostelkirche nach Ende des Simultaneums und dem daraufhin erfolgten Umbau durch den Architekten Eberhard Hillebrand (1840 - 1924)